Gesundheitsförderliche Büroräume: Wissenschaftliche Grundlagen zum Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Büroraumgestaltung sowie dem begleitenden Veränderungsprozess
Ein Auszug aus dem Bericht:
Gesundheitsförderung Schweiz – Bericht 4. Der ganze Bericht kann hier herunter geladen werden:
https://gesundheitsfoerderung.ch/assets/public/documents/de/5-grundlagen/publikationen/bgm/berichte/Bericht_004_GFCH_2014-06_-_Gesundheitsfoerderliche_Bueroraeume.pdf
Themenauszug:
Editorial:
Von: Rudolf Zurkinden Leiter Partner Relations und Support Andreas Wieser Leiter Support
Betriebliches Gesundheitsmanagement: unser langfristiger Schwerpunkt
Der Bereich «Psychische Gesundheit – Stress» ist ein Schwerpunktthema der langfristigen Strategie 2007–2018 von Gesundheitsförderung Schweiz. Arbeit hat für die psychische Gesundheit einen zentralen Stellenwert. Mit über 4,5 Millionen Arbeitnehmenden ist mehr als die Hälfte der Schweizer Wohnbevölkerung erwerbstätig. Ein Grossteil aller Erwerbstätigen steht 40 Jahre und mehr im Arbeitsprozess. Deshalb konzentriert sich Gesundheitsförderung Schweiz auf das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM).
Mitarbeitende als zentralen Erfolgsfaktor fördern
In enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und der Wissenschaft entwickelt Gesundheitsförderung Schweiz Produkte und Dienstleistungen für das betriebliche Gesundheitsmanagement. Mit deren Anwendung investieren die Unternehmen in die Gesundheit der Mitarbeitenden. Ziel sind gesunde und leistungsfähige Mitarbeitende, weniger Absenzentage, eine stärkere Bindung an den Arbeitgeber und damit eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit. Gesundheitsförderung Schweiz ist es ein Anliegen, die bestehenden Angebote im Dialog mit Partnern auf ihre Bedürfnisse anzupassen und neue Dienstleistungen zu entwickeln.
Büroräume und -wechsel als wichtige Einflussfaktoren auf die psychische Gesundheit
Studien zeigen, dass der Grossteil des Stresses in der Arbeitswelt auf die Führung und die Büroraumumgebung zurückzuführen ist. Bislang wurde der Arbeitsplatz jedoch meistens nur in Bezug auf die physische Seite (Ergonomie usw.) behandelt. Da der Wechsel der Büroinfrastruktur bzw. -anordnung meistens auch von Veränderungsprozessen begleitet ist, steht das Thema Gesundheitsförderliche Büroräume und Workplace Change Management im Fokus dieses Berichtes, der die Auswirkungen von Bürokonzepten auf die psychische Gesundheit beleuchten will. Dazu werden die existierenden wissenschaftlichen Grundlagen aufgearbeitet, die wichtigen Einflussfaktoren des Büro-Arbeitsplatzes auf die psychische Gesundheit identifiziert und damit die Basis für weitere Dienstleistungen im Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement gelegt.
Management Summary
Ausgangslage
Der Büroraum ist ein wichtiges Element für die Gesundheit der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz, da sich viele Mitarbeitende einen Grossteil ihrer Arbeitszeit dort aufhalten. Es gibt zahlreiche Belege für die Wirkung von einzelnen Elementen des Büroraums auf die physische und psychische Gesundheit. In der betrieblichen Gesundheitsförderung hat der Büroraum jedoch bis anhin vor allem unter ergonomischen Aspekten Beachtung gefunden, Auswirkungen auf die psychische Gesundheit werden kaum betrachtet. Die Bedeutung des Change Management bei Implementierung organisationaler Gesundheitsinterventionen ist erkannt und auch in einigen Studien erforscht. In diesen Studien steht jedoch zumeist der Erfolg des Veränderungsprozesses im Fokus, die Auswirkung des Veränderungsprozesses selbst auf die psychische Gesundheit wurde in diesem Kontext nur wenig betrachtet. Auch bei der Veränderung von Büroraumkonzepten und damit verbundener Forschung findet das Change Management und dessen Wirkung auf die psychische Gesundheit der Betroffenen bisher noch kaum Beachtung.
Ziel des Berichts
Das Ziel des vorliegenden Berichts besteht in der Identifikation von Wirkfaktoren in der Büroraumumgebung und im begleitenden Workplace-ChangeProzess zur Gesundheitserhaltung und -förderung. Entsprechend werden nicht nur potenziell gesundheitsgefährdende Faktoren untersucht, sondern auch Elemente der Arbeitsumgebung und des bürobezogenen Veränderungsprozesses, welche positive Wirkungen auf die Gesundheit der Betroffenen haben. Der Bericht gibt einen Überblick über bestehende Konzepte und Ergebnisse aus der Forschung und dient als Grundlage für die spätere empirische Forschung zur Analyse der relativen Bedeutung der Wirkfaktoren.
Rahmenmodell und Methodik
Dem Bericht liegt ein systemisches Grundverständnis des Büroraums zugrunde, nach welchem die Büroarbeitsumgebung in Wechselwirkung mit den darin arbeitenden Individuen, den Arbeitsprozessen, organisationalen Merkmalen (Führung, Strategie, Kultur), angebotenen Services und der verwendeten Technologie sowie mit dem Change-ManagementProzess steht. Auf Basis des arbeitspsychologischen Stressmodells und des «Job Demands-Resources»-Modells wird für den vorliegenden Bericht ein prozessuales Stressmodell entwickelt. Dieses dient als Grundlage für die Analyse der Wirkung von Aspekten der Arbeitsumgebung und des Workplace Change Management auf die Gesundheit. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der psychischen Gesundheit. Für die Identifikation der Wirkfaktoren dient eine Literaturanalyse, die durch Ergebnisse der eigenen Forschung am IFM ergänzt wird. Zusätzlich wurden explorative Interviews mit Experten aus verschiedenen Disziplinen durchgeführt.
Erkenntnisse
Für den Büroraum wurden Wirkfaktoren in den vier Kategorien materielle Umgebung, Innenraumumgebung und sozial-räumliche Umgebung sowie im Workplace Management gefunden. In der materiellen Umgebung zeigten sich die räumliche Organisation, Bürogrösse, Funktionalität und Vielfalt von Räumen und Zonen sowie natürliche Elemente als relevant.
Im Bereich der Innenraumumgebung wurden die Akustik, Luftqualität und Klima sowie Licht und Beleuchtung identifiziert. Die sozial-räumliche Umgebung beinhaltet die Wirkfaktoren Privacy, Crowding sowie Störungen, Ablenkungen und Unterbrechungen.
Als wichtige Faktoren des Workplace Management wurden die Angemessenheit der Arbeitsumgebung in Bezug auf Arbeitsaufgaben und -prozesse, Organisationskultur sowie individuelle und gruppenbezogene Bedürfnisse, die symbolische Botschaft der Gestaltung und Bewirtschaftung sowie die Services identifiziert.
Im Workplace Change Management wurden die Wirkfaktoren in die vier Kategorien:
- Veränderungsprozess,
- Veränderungsinhalt,
- Kontext und individuelle Merkmale unterteilt.
Für den Veränderungsprozess erweisen sich die Wirkfaktoren:
- Transparenz und Vorhersagbarkeit,
- Kontrolle und
- Beeinflussbarkeit, sowie
- Fairness und Gerechtigkeit als bedeutend für das Wohlbefinden der Betroffenen.
Hinsichtlich des Veränderungsinhalts werden die persönliche Erfolgsbilanz, Sinn und Dringlichkeit, Zielklarheit und die Dimension der Veränderung als relevante Faktoren identifiziert. Hinsichtlich des Kontexts, also der Bedingungen im Unternehmen, in welchem die Arbeitsplatzveränderung stattfindet, gibt es zahlreiche Faktoren aus der Stressforschung, die für die Gesundheit der Mitarbeitenden relevant sind. In Bezug auf den Workplace-Change-ManagementProzess werden die Faktoren Vertrauen und soziale Unterstützung als bedeutend erachtet. Ähnlich verhält es sich mit den individuellen Merkmalen der von der Veränderung Betroffenen. Als wichtige individuelle Merkmale im Workplace Change Management erweisen sich die Einstellung zur Veränderung sowie das veränderungsbezogene Kohärenzgefühl.
Konklusion und Ausblick
Literaturanalyse, eigene Forschungen und die Experteninterviews bestätigen, dass der Büroraum und der veränderungsbegleitende WorkplaceChange-Prozess eine Vielzahl von Wirkfaktoren umfassen, welche die Gesundheit der Mitarbeitenden beeinflussen.
Sie beinhalten damit ein beachtliches, aber wenig genutztes Potenzial für das betriebliche Gesundheitsmanagement. Für die Anwendung in der Praxis müssen die hier vorgestellten Wirkfaktoren in einen Leitfaden übertragen werden, welcher konkrete Handlungsanweisungen und Empfehlungen für Unternehmen in der Schweiz hinsichtlich der Gestaltung ihrer Büroräume und der Konzeption der begleitenden Change-Prozesse gibt. Die identifizierten Wirkfaktoren müssen in einem weiteren Schritt operationalisiert und empirisch überprüft werden. Auf Basis der empirischen Ergebnisse können die dargestellten Wirkfaktoren anschliessend in Ressourcen sowie herausfordernde und behindernde Stressoren unterteilt werden. Ebenso sind die Effektgrössen der aufgeführten Wirkfaktoren in Studien zu überprüfen, um eine Aussage hinsichtlich ihrer Wichtigkeit zu ermöglichen und ihre Wirkungsweisen und gegenseitigen Abhängigkeiten besser zu verstehen.
Einführung Büroraum und Gesundheit
Die Veränderungen in der Arbeitswelt, getrieben durch wirtschaftliche und technische Entwicklungen, waren in den letzten 20 Jahren gravierend (Cascio, 2010). Wissensintensive Dienstleistungstätigkeiten prägen die Arbeitswelt der Schweiz (Bundesamt für Statistik, 2014), die Mobilität und die Flexibilität der Beschäftigten nehmen zu (Badura, Ducki, Schrö- der, Klose & Meyer, 2012) und ständige organisatorische Veränderungen sind die Norm (Greif, Runde & Seeberg, 2004). Auch die Büroräume sind vom Wandel der Arbeitswelt betroffen (Coles, 2011). Teils aus Kostendruck, teils im Bestreben, die Büroraumumgebung an die sich wandelnden Arbeitsweisen anzupassen oder zur Darstellung von Werten, Kultur und Image, haben offene, flexible Büroraumkonzepte in den letzten Jahren rasant Verbreitung gefunden und mit ihnen die Diskussion über deren Auswirkung auf die Gesundheit. Für diese Debatte finden sich viele Beispiele in den Medien. Nicht selten wird dabei von fatalen Auswirkungen der Büroräumlichkeiten auf die Gesundheit berichtet, z.B. mit Schlagzeilen wie «Welche Büros krank machen.» (Barandun, 2014), «Enge, Krach, Stress – Wie krank macht uns das Grossraumbüro?» (Seibt, 2013), «Arbeiten im Grossraum – Die Geräuschkulisse macht krank.» (Knauss, 2013), «Arbeit Alptraum Grossraum.» (Vetterli, 2012). Die volkswirtschaftlichen Kosten von arbeitsbedingtem Stress werden in der Schweiz auf 4,2 Milliarden Franken geschätzt (Ramaciotti & Perriard, 2003). Es handelt sich bei der Gesundheit am Arbeitsplatz also nicht nur um ein ethisch, sondern auch um ein ökonomisch ernst zu nehmendes Thema. Das Stresserleben in der Schweizer Arbeitsbevölkerung hat zudem in den letzten Jahren deutlich zugenommen (Grebner et al., 2010). Der Handlungsbedarf ist entsprechend hoch. Steigende Aufwendungen für krankheitsbedingte Frühverrentung und Krankenversorgung sind schon heute massgeblich mitverantwortlich für steigende Lohnkosten (Badura, 2008).
Gleichzeitig zeigen internationale wie auch Schweizer Studien, dass Massnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention am Arbeitsplatz Wirkung erzielen und dabei ein gutes Kosten-NutzenVerhältnis erreichen können (Iten et al., 2009). Die Büroraumumgebung ist ein wichtiges Handlungsfeld in der betrieblichen Gesundheitsförderung, weil sich die Mitarbeitenden dort zu einem Grossteil ihrer Arbeitszeit aufhalten. Vorliegende Forschungsergebnisse belegen die mannigfaltigen Einflüsse der Büroraumumgebung auf die Gesundheit der Nutzenden (Näheres dazu unter Kapitel 4). Eine aktuelle Studie aus der Schweiz zeigt zudem, dass die Einflüsse der Büroraumumgebung auf die Gesundheit der Mitarbeitenden stärker zu sein scheinen als jene aus der Gestaltung der Arbeitsinhalte bzw. -aufgaben (Windlinger, 2012). Der Büroraum bzw. -arbeitsplatz hat bisher zumeist unter physisch-ergonomischen Aspekten Einzug in die betriebliche Gesundheitsförderung gefunden. Unternehmen werden heute jedoch immer häufiger mit den psychischen Folgen der intensivierten Arbeitswelt konfrontiert (Ulich & Wülser, 2012). Phänomene wie Stress oder Burnout sind allgegenwärtig und haben einen stark negativen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Produktivität der Mitarbeitenden (BAuA, 2011). Eine gross angelegte Studie von Jenny und Kollegen (2011) mit 5000 Mitarbeitenden aus verschiedenen Schweizer Unternehmen zeigt, dass Personen mit einem hohen Stresslevel um bis zu 10 Prozent weniger produktiv sind als Personen mit einer ausgeglichenen Belastung. Dieser Produktivitätsunterschied ist für Unternehmen ökonomisch bedeutsam und beträgt bis zu 8000 CHF pro Jahr und betroffenem Mitarbeitenden. Gleichzeitig kann durch gezielte Intervention die Anzahl von Fehltagen bei Personen mit hoher Stressbelastung um 1,7 Tage pro Jahr und Mitarbeitendem gesenkt werden (Jenny et al., 2011). Die Suva berücksichtigt bei ihren Schätzungen die indirekten Lohnkosten und kommt pro Tag auf 600 CHF, was bei 1,7 Krankheitstagen eine Ersparnis von 1020 CHF pro Mitarbeitendem und Jahr ergeben würde (Suva, o.J.). Dennoch wird bislang bei der Erstellung und dem Management von Arbeitsinfrastrukturen selten von Beginn an das Hauptaugen merk auf die Gesundheit und insbesondere das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden gelegt. Gesundheitsförderliche Büroräume gewinnen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden Verlängerung der Lebensarbeitszeit (Badura, 2008) an Bedeutung. Unternehmen werden sich in den nächsten Jahren vor der Herausforderung sehen, Mitarbeitende über das heute geltende Rentenalter hinaus zu beschäftigen, weswegen die Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention am Arbeitsplatz eine tragende Rolle in der Unternehmensstrategie einnehmen wird. Unternehmen werden mehr denn je darauf angewiesen sein, die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeitenden zu erhalten. Bei der Implementierung von neuen Büroraumkonzepten spielt auch der begleitende Veränderungsprozess eine wesentliche Rolle für das Stresserleben und damit die Gesundheit. 35 Prozent der Schweizer Beschäftigten fühlen sich durch Veränderungsprojekte im Unternehmen belastet (Grebner et al., 2010). Dragano und Siegrist (2011) gehen noch weiter und stellen in Frage, ob es überhaupt Veränderungen ohne Stress gibt. Doch die gesundheitlichen Wirkungen von Change-Management-Prozessen finden in der Praxis noch wenig Beachtung (Kowalski, 2012). Es gilt also auch in einem Veränderungsprozess, negative Folgen zu vermeiden und positive Faktoren zu nutzen: Werden die Betroffenen eingebunden und können sie auch ihre Bedürfnisse in das Arbeitsplatzkonzept einbringen? Erleben sie Kontrolle im Veränderungsprozess oder entstehen Stress und Widerstand? Die Gesundheit der Mitarbeitenden bzw. das Stresserleben bei Veränderungen von Bürokonzepten fand bisher jedoch überraschend wenig Beachtung in der Arbeitsplatzforschung.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der internationale Wettbewerb, der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft und die zunehmende Beanspruchung im psychosozialen Bereich in Verbindung mit dem steigenden Altersdurchschnitt der Belegschaft ein leistungsfähiges betriebliches Gesundheitsmanagement erfordert und dass neue Wege zum Erhalt und zur Förderung der Mitarbeitendengesundheit beschritten werden müssen. Die Büroraumumgebung verdient wegen der erheblichen Zeit, die Mitarbeitende dort verbringen, und der bereits nachweisbaren Effekte auf die Gesundheit der Nutzenden eine stärkere Beachtung.
Theoretische Hintergründe
Dieses Kapitel dient dazu, die theoretischen und konzeptionellen Hintergründe zu erläutern. Das grundlegende Verständnis zur Interaktion zwischen Büroraum bzw. Workplace Change Management und der Organisation sowie dem Individuum wird anhand des Office-Ecology-Modells erläutert. Das wissenschaftliche Rahmenmodell zu Stress in der Arbeit, welches als Basis für die weiteren Ausführungen dient, wird anschliessend vorgestellt.
Gesundheit
Seit der Definition von Gesundheit durch die Weltgesundheitsorganisation im Jahr 1946 (Gesundheit als ein «Zustand vollkommenen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen», WHO, 2006) ist das Konzept aus verschiedenen Perspektiven diskutiert worden. Aktuelle sozialwissenschaftliche Ansätze zur Gesundheit gehen von einem biopsychosozialen Modell aus, welches den biomedizinischen Gesundheitsbegriff erweitert und psychische und soziale Aspekte der Gesundheit integriert (Ulich & Wülser, 2012). Gesundheit wird in solchen Ansätzen also in der Regel mehrdimensional beschrieben, und es wird nicht mehr auf ein dichotomes Modell, in dem ausschliesslich zwischen Gesundsein und Kranksein unterschieden wird, rekurriert. Vielmehr werden kontinuierliche Dimensionen angenommen, in welchen Gesundheits- und Krankheitsaspekte gleichermassen und gleichzeitig auftreten können. Weiter wird in neueren Ansätzen der individuellen Handlungsfähigkeit eine wichtige Rolle zugeschrieben und, damit zusammenhängend, die Betrachtung von Stressoren wird durch die Betrachtung der Ressourcen ergänzt (salutogenetische Gesundheitsmodelle, Antonovsky, 1979; Udris, Kraft, Mussmann & Rimann, 1992).
Office Ecology
Die Rolle von Büros als Arbeitsplätzen hat sich in der Geschichte der Erwerbsarbeit stetig verändert. Haupttreiber für die Veränderungen waren und sind technologische Entwicklungen, vor allem der Informations- und Kommunikationstechnologie, und der Kostendruck. In neuerer Zeit nimmt die Bedeutung der Darstellung von Werten, Kultur und Image durch die Gestaltung von Arbeitswelten und Bürogebäuden zu (Coles, 2011). Die Gestaltung von Büroflächen als Ressource für die effektive, effiziente und gesunde Arbeit und damit letztlich für das Funktionieren von Organisationen hat bisher noch wenig Aufmerksamkeit erhalten. Verschiedene Ansätze (Becker, 2004; Becker & Steele, 1995; Charles et al., 2004) setzen die Rolle der Büroumgebung in den grösseren Zusammenhang der Nutzerorganisation. Franklin Becker und Fritz Steele (1995) haben dafür den Begriff der «Office Ecology» geprägt. Dieser Begriff beschreibt Büros als ein System, in welchem die räumlich-materiellen Faktoren in Wechselwirkung mit Arbeitsprozessen, Organisationskultur, Mitarbeitenden, sozialen Beziehungen sowie Informations- und Kommunikationstechnologien stehen. Die Büroumgebung ist ein Systemelement der Office Ecology. Für den vorliegenden Bericht wurde das heuristische Modell der Office Ecology wie folgt umgesetzt (siehe Abbildung 2). Im Zentrum der Office Ecology steht der Mitarbeitende oder Nutzer der Büroraumumgebung. Der innerste Kreis besteht aus den Hauptfunktionen eines Unternehmens und umfasst das Führungssystem und das Transformationssystem (Arbeitsaufgaben). Diese stehen in Wechselwirkung mit den Unterstützungsfunktionen (Enabler), welche in den Büroraum, Technologien am Arbeitsplatz und arbeitsplatzbezogene Services unterteilt werden können. Der äusserste Kreis bildet einen Prozess ab, durch welchen die Systemelemente in allen Phasen des Workplace Management von der Initialisierung und Analyse über die Konzeption, Planung und Implementierung bis zur Bewirtschaftung.
Gesundheit und Büroraum
Dieses Kapitel dient zur Einführung in die theoretischen Grundlagen der Wirkzusammenhänge von Büroraum und Gesundheit. Nach der Erläuterung des zugrunde liegenden Wirkmodells werden die einzelnen Wirkfaktoren differenziert dargestellt und erläutert.
Theoretische Grundlagen
Büroraum und Gesundheit Ein zentrales Kriterium der Bewertung von Arbeitsplätzen im Allgemeinen ist die Gesundheit derjenigen, die sich darin aufhalten. Gesunde Arbeitsumgebungen können als Umgebungen beschrieben werden, die keine Krankheitsrisiken enthalten und das Wohlbefinden für die Nutzer gewährleisten. In Bezug auf die psychische Gesundheit wird dabei Stresserleben als Mediator zwischen der Arbeitsumgebung und der Gesundheit betont. Die Umgebungsbedingungen bei Büroarbeitsplätzen sind insofern bedeutsam für die Gesundheit, als erstens relativ viel Zeit am Arbeitsplatz verbracht wird und zweitens die Kontrolle über die Umgebungsbedingungen eingeschränkt ist, insbesondere dann, wenn der Arbeitsraum mit Kollegen geteilt wird. Wahrgenommene Kontrolle kann als Ressource aufgefasst werden, die den Umgang mit Belastungen erleichtert (Semmer, 1990). Spricht man von gesundheitsrelevanten Bedingungen im Zusammenhang mit Büroarbeitsplätzen, so werden in der Regel sowohl physische als auch psychosoziale Faktoren und deren Zusammenspiel berücksichtigt. Es ist allerdings festzuhalten, dass zurzeit für das Verständnis der Wechselwirkung zwischen physischen und psychosozialen Faktoren weder für die Arbeitswelt (Evans, Johansson & Carrere, 1994; Lahtinen, Huuhtanen & Reijula, 1998) noch für Wohn-, Schul- und Pflegeräumlichkeiten (Evans, 2003) eine hinreichende empirische Basis vorhanden ist. Die psychosozialen Einflussfaktoren werden v.a. im Zusammenhang mit Stress diskutiert und es wird davon ausgegangen, dass ungünstige Arbeitsbedingungen zu Stress und reduziertem Wohlbefinden führen. Die umgebungsbezogenen Einflussgrössen auf die Gesundheit lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen (McCoy & Evans, 2005; Sundstrom, 1986; s. Abbildung 4): – Materielle Umgebung: Baumaterialen und Baustoffe, Möblierung, Lage des Gebäudes, räumliche Organisation und Layout (Becker, 2004; Donald, 1994; McCoy & Evans, 2005; Rashid & Zimring, 2008) – Innenraumumgebung: Luftqualität, Akustik, Klima, Licht und die Möglichkeit, auf diese Faktoren Einfluss zu nehmen bzw. Kontrolle auszu- üben (vgl. die Reviews von Baron, 1994; Evans, 2001; Evans & Cohen, 1987; McCoy & Evans, 2005; Rashid & Zimring, 2008) – Sozial-räumliche Umgebung: Privacy, Crowding, soziale Dichte (Baron, 1994; Evans, 2001; Evans & Cohen, 1987).
Diese drei gestaltungsbezogenen Gruppen von Einflussfaktoren in Büroräumen werden durch eine Kategorie ergänzt, die das Management der Arbeitsumgebungen (Workplace Management) umfasst und somit die Inhalte der drei gestaltungsbezogenen Gruppen aus der Optik der Bewirtschaftung beleuchtet. Die umgebungsbezogenen Einflussgrössen der vier Kategorien interagieren in realen Bürogebäuden. Die Interaktionen unter den Einflussgrössen sind jedoch theoretisch und empirisch noch kaum berücksichtigt (Evans, Becker, Zahn, Bilotta & Keesee, 2012). Theoretisch folgt die Wirkung vieler Umgebungsfaktoren einer umgekehrten U-förmigen Funktion: Zu geringe Stimulation führt zu sensorischer Deprivation und zu hohe Stimulation resultiert in Überlastung (Evans & Cohen, 1987). In der Realität ist jedoch die Bandbreite der Stimulation durch gesetzliche Empfehlungen, technische Standards und die Gestaltungspraxis beschränkt.
Als Folge davon unterscheiden sich Büroräume in Bezug auf Licht, Luftqualität und Klima nur wenig, nämlich meist nur innerhalb der empfohlenen Bandbreiten für diese Parameter. Entsprechend zeigen sich Unterschiede zwischen der experimentellen und der Feldforschung. In der experimentellen Forschung werden die Parameter typischerweise über die Bandbreite gesetzlicher Vorgaben und Empfehlungen hinaus manipuliert. Aufgrund dieses Unterschieds zeigen sich in der Feldforschung eine gegenüber der Laborforschung geringere Bedeutung der Innenraumfaktoren und eine stärkere Bedeutung der materiellen und sozial-räumlichen Bedingungen (Windlinger, 2012).
Wirkfaktoren in Gestaltung und Management von Büroräumen
Materielle Umgebung: räumliche Organisation, Layout und Innenraumgestaltung
Die materielle Umgebung umfasst alle architektonischen und baulichen Aspekte von Bürogebäuden. Für die psychische Gesundheit sind in erster Linie räumliche Organisation, Layout und Innenraumgestaltung relevant (Windlinger, 2012).
Räumliche Organisation und Layout
Die räumliche Organisation betrifft die Unterteilung der verfügbaren Fläche und deren Grösse, Form und Funktion. Das Layout bezieht sich auf die Konfiguration des Mobiliars, die Unterteilung in individuell und gemeinsam genutzte Flächen und die Verkehrswege. Die im Zusammenhang mit räumlicher Organisation und Layout in der Praxis kontrovers und auch in der wissenschaftlichen Literatur widersprüchlich diskutierte Frage bezieht sich auf die soziale Dichte (Anzahl Personen pro Büroraum)2 bzw. die Offenheit der Bürostrukturen oder den Bürotyp (De Croon, Sluiter, Kuijer & Frings-Dresen, 2005). In der Tendenz zeigen die wenigen verfügbaren Studien, dass offene Strukturen im Vergleich zu geschlossenen Strukturen eher mit geringerer Zufriedenheit (Block & Stokes, 1989; Oldham & Brass, 1979; Oldham & Fried, 1987; Zalesny & Farace, 1987) einhergehen. Es liegen jedoch auch gegenteilige Befunde vor (Oldham, 1988).
Die Zusammenhänge zwischen Layout und Zufriedenheit scheinen zudem von der Aufgabenkomplexität der Arbeitsinhalte abzuhängen (Block & Stokes, 1989). In Bezug auf Gesundheit, typischerweise erhoben über psychosomatische Beschwerden (Andersson, 1998), sind die Befunde uneinheitlich. Sutton & Rafaeli (1987) und Windlinger & Zäch (2007) fanden keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen Layout und psychosomatischen Beschwerden. In der «Schweizerischen Befragung in Büros» (Amstutz et al., 2010) werden Daten berichtet, die für einen Vorteil von Einzelbüros gegenüber Mehrpersonenbüros zu sprechen scheinen. Allerdings ist die Präsentation der Daten unvollständig, da keine statistischen Tests oder Effektgrössen berichtet werden und die Arbeitstätigkeit und der Status der Bürobenutzer nicht kontrolliert werden. Ferner sprechen Befunde dafür, dass die individuelle Eigenschaft, irrelevante Reize auszublenden (stimulus screening, Mehrabian, 1977) die Beziehung zwischen sozialer Dichte und Gesundheit moderiert (Fried, 1990): Personen mit geringer Fähigkeit, irrelevante Stimuli auszublenden, scheinen in offenen Bürostrukturen gesundheitlich stärker beeinträchtigt. Somit scheint weniger die Bürogrösse oder das Layout an sich die zentrale Grösse zu sein, als vielmehr das Ausmass an Unterbrechungen, Störungen und Ablenkungen, die durch das Layout generiert bzw. verhindert werden. Windlinger (2012) berichtet Ergebnisse, die zeigen, dass die soziale Dichte in einem positiven Zusammenhang mit Gesundheit steht, wenn Störungen und Ablenkungen kontrolliert werden.
Damit rückt die Funktionalität der Büroumgebung gegenüber der Struktur und Grösse stärker in den Vordergrund. Zeitgemässe Bürokonzepte betonen die funktionale und teilweise auch ästhetische Vielfalt verschiedener Zonen (Becker, 2004; Kleibrink, 2011). Solche Bürokonzepte werden oft non-territorial umgesetzt, sodass für unterschiedliche Arbeitsaufgaben unter schiedliche Settings genutzt werden können, z.B. um konzentriertes bzw. kollaboratives Arbeiten bestmöglich zu unterstützen. Ferner können individuelle Ansprüche und Präferenzen gegenüber der physischen Arbeitsumgebung durch die Wahlmöglichkeiten besser erfüllt werden. Solche Büros erweisen sich durch die Abwechslung hinsichtlich der Ergonomie als vorteilhaft (Meijer, Frings-Dresen & Sluiter, 2009). Zudem ist die Möglichkeit, Kontrolle über die eigene Arbeitsumgebung auszuüben, durch die Wahl des passenden Worksettings deutlich höher als in konventionellen Büros. In letzteren kann der individuelle Arbeitsplatz personalisiert werden, was zur Erhöhung des Wohlbefindens beizutragen scheint (Wells, 2000). Über das eigene räumliche Nutzungsverhalten unterschiedlicher Arbeitssettings kann demgegenüber in non-territorialen Bürokonzepten eine Wahl getroffen werden, welche nicht nur persönliche Vorlieben befriedigt, sondern auch die Regulation von Privacy, Störungen und Ablenkungen und ergonomischen Verhältnissen erlaubt (Windlinger, Gersberg, Amstutz, Schuchert & Kleibrink, 2013).
Ruhe- und Regenerationsräume
Eine für gesundheitsgerechte Bürokonzepte in Bezug auf räumliche Organisation und Layout besonders bedeutsame Kategorie von funktional differenzierten Flächen sind Ruhe- und Regenerationsräume. Befunde aus der Schlafforschung zeigen, dass kurze Schlafpausen nach dem Mittag die Nachmittagsmüdigkeit reduzieren und positive Wirkungen auf Leistung und Aufmerksamkeit haben (Ficca, Axelsson, Mollicone, Muto & Vitiello, 2010; Takahashi, Fukuda & Arito, 1998). Diese Erkenntnisse haben noch wenig Resonanz in der Büroraumgestaltung gefunden. Krajewski und Kollegen (2004, 2010, 2011) berichten über eine Feldstudie, in der Regenerationskompetenz vermittelt und mit regenerationsfreundlichen räumlichen Rahmenbedingungen (sog. «silent rooms») verbunden wurde. Die silent rooms bestehen aus abschliessbaren Kabinen mit medizinischen Liegen, die das Sicherheits- und Privatheitsbedürfnis für die Tiefenentspannung in der Liegeposition bestmöglich unterstützen. Der Einsatz der silent rooms in einer feldexperimentellen Studie in einem Call-Center belegte deutlich die positiven physiologischen und psychologischen Wirkungen (Krajewski et al., 2004, 2010, 2011). In den Experteninterviews zeigte sich, dass Ruheräume bisher nur wenig in der Praxis eingesetzt bzw. genutzt werden. Als Gründe dafür wurden kulturelle Aspekte angeführt («Das passt nicht zu unserer Kultur», «Um Ruhe und Entspannung zu haben, geht man nach Hause, nicht ins Büro») und auch die fehlende soziale Akzeptanz («Man traut sich nicht, weil die Kollegen denken, man arbeitet dann nicht»).
Arbeitsplatzgrösse
In Bezug auf die Innenraumgestaltung zeigen empirische Befunde, dass die Zufriedenheit mit der wahrgenommenen Arbeitsplatzgrösse (Arbeitsund Ablageflächen) ein wichtiger Prädiktor für die Gesamtzufriedenheit mit der Büroumgebung ist (Charles & Veitch, 2002; Frontczak et al., 2012; Veitch, Charles, Newsham, Marquardt & Geerts, 2003). Allerdings kann dieser Zusammenhang nicht auf objektive Masse der verfügbaren Fläche zurückgeführt werden (Frontczak et al., 2012; Windlinger, 2012).
Qualität der Arbeitsplatzumgebung
Die Ergonomie der Büroeinrichtung blickt auf eine lange Forschungstradition zurück (Brand, 2008; Kroemer & Kroemer, 2001) und Büromobiliar wird den Erkenntnissen entsprechend gestaltet (Deutsches Netzwerk Büro, 2013). Die ergonomisch korrekte Nutzung (Verhaltensergonomie) ist jedoch nach wie vor eine Schwachstelle in vielen Büros (Healy et al., 2013). Mit Ausnahme der Ergonomie hat die Möblierung von Büros bisher jedoch relativ wenig Aufmerksamkeit erhalten. O’Neill (1994) berichtet direkte und indirekte Effekte der Möblierungsqualität auf Zufriedenheit und Arbeitsleistung. In den Forschungsprojekten am Institut für Facility Management der ZHAW (Windlinger, 2012; Windlinger et al., 2013) haben sich die materielle Arbeitsplatzqualität (ästhetische Qualität) und die Angemessenheit der Arbeitsumgebung in Bezug auf die Arbeitsaufgaben (Funktionalität) als wichtige Prädiktoren für die selbst eingeschätzte Arbeitsleistung und Gesundheit sowie für Arbeitsumgebungs- und Arbeitszufriedenheit erwiesen.
Farben
Die Bedeutung von Farben als besonders salientes Merkmal der Innenraumgestaltung muss aus Sicht der vorliegenden empirischen Forschung zurückhaltend bewertet werden: Simple deterministische Effekte von Farben auf Gesundheit und Verhalten liessen sich nicht identifizieren (Veitch, 2012). Die Studien von Küller und Kollegen (Küller, Ballal, Laike, Mikellides & Tonello, 2006; Küller, Mikellides & Janssens, 2009) deuten darauf hin, dass moderat bunte Büroumgebungen positive Emotionen und Aufgabenleistung unterstützen. Sie belegen jedoch nicht die Wirkung von bestimmten Farben oder Farbkombinationen.
Pflanzen und natürliche Elemente
Umweltpsychologische Forschung zur restorativen Wirkung von Gestaltungselementen hat sich vor allem auf die Wirkung natürlicher Elemente konzentriert. Dabei stehen in Bezug auf die Innenraumgestaltung die Wirkung von Pflanzen (Bringslimark, Hartig & Patil, 2009) und der visuelle Kontakt zur Aussenwelt (Farley & Veitch, 2001; Grinde & Patil, 2006) im Vordergrund. In einem Review von 21 empirischen Artikeln kommen Bringslimark und Kollegen (2009) zum Schluss, dass Pflanzen in Innenräumen das Potenzial zu haben scheinen, zur Stressreduktion beizutragen. Die Ergebnisse sind uneinheitlich, jedoch wurden in keiner Studie negative Effekte dokumentiert. Die Effekte scheinen abhängig vom Kontext zu sein, in welchem die Pflanzen angetroffen werden, und von den Merkmalen der betroffenen Personen.
Eindeutiger ist die Befundlage in Bezug auf den visuellen Kontakt zur Aussenwelt und insbesondere zur Aussicht in die natürliche Umwelt. Hierzu gibt es einige Studien, welche die positive Wirkung der Aussicht ins Freie auf Zufriedenheit und Wohlbefinden bestätigen (Kaplan, 1993; Leather, Pyrgas, Beale & Lawrence, 1998; Windlinger et al., 2013; Yildirim, Akalin-Baskaya & Celebi, 2007). Neben der Aussicht ins Freie haben auch Bilder und Poster mit Naturmotiven positive Wirkungen auf Stressreduktion (de Kort, Meijnders, Sponselee & Ijsselsteijn, 2006; Kweon, Ulrich, Walker & Tassinary, 2008). Die unter diesem Wirkfaktor subsumierten Faktoren lassen sich unter dem Begriff der Biophilia einord nen. Dieser Begriff wurde von Edward Wilson (1984) geprägt, und umfasst die nach seiner Ansicht genetisch verankerte Affinität des Menschen zur Natur und zu natürlichen Elementen. Das sogenannte Biophilic Design (Kellert et al., 2008) überträgt das Thema Biophilia in das Design der gebauten Umgebung. Natürliche Elemente, die in das Design einfliessen können, sind nach Kellert und Kollegen (2008) Farben, Wasser, Feuer, Luft (natürliche Klimatisierung, Frischluft), Sonnenlicht, Pflanzen und Gärten, Tiere, organische Formen, natürliche Materialien (Holz, Stein usw.), Aussicht und Sicht auf Natur, Fassadenbegrünung, Einbindung der Architektur in Geologie und Landschaft sowie Nähe zum lokalen Lebensraum und Ökosystem. Auch der Einsatz von Geräuschen und Klängen aus der Natur wäre in diesem Kontext denkbar (Benyus, 2008).
Es gibt bereits erste Evidenz dafür, dass natürliche Umgebungen im Vergleich zu städtischer Umgebung positiven Einfluss auf die menschliche Gesundheit haben (Ulrich et al., 1991). Auch in Spitälern und Gefängnissen gibt es erste Untersuchungen zur positiven Wirkung von natürlichen Elementen auf die Gesundheit und den Stressabbau (Diette, Lechtzin, Haponik, Devrotes & Rubin, 2003; Ulrich, 1984). Insgesamt gibt es bisher jedoch wenig Belege für die Wirksamkeit von natürlichen Elementen.
Auch in der Büroraumumgebung gibt es bisher kaum Forschung zur Wirkung von natürlichen Elementen auf die Gesundheit der Mitarbeitenden. Hierin könnte eine Ressource für die Förderung der Gesundheit im Büroraum liegen, die jedoch empirischer Überprüfung bedarf. Hinsichtlich der materiellen Umgebung wurde in den Experteninterviews eine Vielzahl an Faktoren genannt, die vorstehend beschrieben wurden. Die Ergonomie der Arbeitsmittel und Möbel wurde in den Interviews als relevanter Faktor erkannt. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass es nicht genug sei, diese zur Verfügung zu stellen, sondern dass über die korrekte Nutzung informiert werden müsse und dass auch die richtige Nutzung im Alltag nachgehalten werden müsse. Kontrolle über die Infrastruktur, wie z.B. die Möglichkeit, Tische auf Stehhöhe zu verstellen, den Stuhl individuell einzustellen und das Fenster zu öffnen, waren Faktoren, die genannt wurden. Die Gestaltung des Layouts wurde als relevant erachtet, insbesondere die Zonierung nach Lärmpegel. Das Vorhandensein von Pflanzen und natürlichen Elementen (z.B. Wasser) oder der Blick ins Freie wurden als Ressourcen genannt.
Auch das Ambiente, im Spezifischen Farben und Mobiliar, wurde von den Experten als wichtig erachtet. Mehrfach wurde erwähnt, dass die Angemessenheit der Büroraumumgebung und die Passung zur Tätigkeit der darin arbeitenden Personen relevant sei. Je nach Art der Tätigkeit können mehr oder weniger Sitzungsräume benötigt, mehr oder weniger Ablage gebraucht werden und Trennwände hilfreich oder stö- rend sein.
Als Ressource wurde genannt, wenn die Tätigkeit durch das Bürokonzept unterstützt wird, indem z.B. Konzentration ermöglicht oder informelle Kommunikation erleichtert wird. Ein weiterer Aspekt, der genannt wurde, war die räumliche Unterstützung für Pausen im Sinne von Bewegungsmöglichkeiten ebenso wie Erholungsmöglichkeiten, um Abstand/Distanz von der Arbeit gewinnen zu können. Auch der Standort und die Angebote in der Umgebung wurden als Wirkfaktor genannt.
Innenraumumgebung
Die wichtigsten Faktoren der Innenraumumgebung sind:
- Akustik,
- Luftqualität und Klima,
- Licht und
- Beleuchtung sowie die
- Möglichkeit, auf diese Faktoren Einfluss zu nehmen bzw. über die eigene Arbeitsumgebung Kontrolle auszuüben.
Akustik
In Büros ist eine Geräuschkulisse mit geringer bis mittlerer Intensität typisch. Die häufigste Quelle akustischer Störung in Büros sind Gespräche von Kolleginnen und Kollegen im gleichen Raum, unabhängig von deren Lautstärke (Jensen, Arens & Zagreus, 2005; Nemecek & Grandjean, 1973; Sundstrom, Town, Rice, Osborn & Brill, 1994). Die negativen gesundheitsbezogenen Effekte von akustischen Störungen zeigen sich als Stressreaktionen in der neuroendokrinen Ebene (Hormonkonzentration) und als negative evaluative Beurteilung.
Die Wirkung von Geräuschen in der Arbeitsumgebung ist abhängig von den Arbeitsaufgaben (Banbury & Berry, 1998; Banbury, Macken, Tremblay & Jones, 2001). So wird bei irrelevanten, aber informationshaltigen sprachlichen Reizen in der Umgebung v.a. die verbale Leis tungsfähigkeit eingeschränkt, da die Reize in der Umgebung die sprachliche Modalität betreffen. Diese Einschränkung muss willentlich kompensiert werden und dies resultiert in einem mehr oder weniger permanenten Zusatzeffort, der das Wohlbefinden einschränken kann. Empirische Studien zeigen entsprechend, dass Sprachverständlichkeit in der Büroakustik die wichtigere Grösse ist als Lautstärke (Liebl, Drotleff, Sedlbauer, Schleuniger & Uygun, 2011).
Die Sprachverständlichkeit lässt sich gezielt durch technische Massnahmen (Soundmasking) beeinflussen (Chanaud, 2007; Schlittmeier, 2010). In einer vergleichenden Untersuchung von vier akustischen Bedingungen zeigt sich in den Untersuchungen von Schlittmeier und Kollegen (Schlittmeier, 2010; Schlittmeier & Hellbrück, 2009; Schlittmeier, Hellbrück, Thaden & Vorländer, 2008), dass eine Situation mit Soundmasking gegenüber Situationen mit Musik oder unbeeinflusster Büroakustik in Bezug auf Behaltensleistung und subjektiv beurteilte Leistung besser abschneidet.
Luftqualität und Klima
Das Innenraumklima setzt sich aus Lufttemperatur, Strahlungstemperatur, relativer Luftfeuchte und Luftbewegung zusammen. Die thermischen Bedingungen rufen Adaptionsreaktionen hervor. Die thermische Behaglichkeit wird über die Bekleidung und direkte Einflussnahme reguliert (Brager & de Dear, 1998). Die zweite Komponente der Innenraumatmosphäre besteht in der Innenraumluftqualität, die sich auf Frische und Reinheit der Atemluft bezieht. Grundsätzlich scheinen natürlich belüftete Gebäude gegenüber klimatisierten Gebäuden in einer Reihe von Symptomen (wie Irritation der Schleimhäute, der Augen und der Atemwege) besser abzuschneiden (Seppänen & Fisk, 2004; Zweers, Preller, Brunekreef & Boleij, 1992). Sowohl für Innenraumklima wie auch für die Innenraumluftqualität bzw. die Luftwechselrate liegen Empfehlungen vor, welche die Bandbreite der tatsächlich messbaren Werte in Schweizer Bürogebäuden bestimmen. Da diese Empfehlungen auf wissenschaftlichen Studien beruhen, liegen sie in einem Bereich, wo sie gesundheitlich kaum Effekte verursachen (Windlinger, 2012). Die subjektive Wahrneh mung und Bewertung von Luftqualität und Klima kann jedoch einen grösseren Einfluss auf die Gesundheit ausüben als physikalisch messbare Grössen (Hedge, Erickson & Rubin, 1996). Die subjektive Beurteilung von Luftqualität und Klima ist zudem abhängig von der wahrgenommenen Möglichkeit, auf diese Parameter Einfluss auszuüben. Empirisch wurde ein negativer Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, auf die eigene thermische Umgebung Einfluss zu nehmen, und psychosomatischen Symptomen nachgewiesen (Marmot et al., 2006; Wyon & Sandberg, 1996).
Düfte
Es gibt eine Vielzahl von Literatur, die sich mit Düften und ihrer Wirkung auf Emotionen und Verhalten beschäftigt (ein Überblick findet sich in Ehrlichman & Bastone, 1992; Herz, 2002), aber die empirische Evidenz ist bisher noch klein. Es konnten Hinweise gefunden werden, dass angenehme Gerüche positive Stimmung erzeugen könnten und unangenehme Gerüche schlechte Stimmung (Rétiveau & Milliken, 2004; Schiffman, Sattely-Miller, Suggs & Graham, 1995). Auch ein Einfluss von Gerüchen auf Herzfrequenz und Hautleitfähigkeit als Stresssymptome konnte gezeigt werden (Alaoui-Ismaili, Vernet-Maury, Dittmar, Delhomme & Chanel, 1997; Bensafi et al., 2002a; Bensafi et al., 2002b; Bensafi et al., 2002c; Heuberger, Hongratanaworakit, Bohm, Weber & Buchbauer, 2001; Pössel, Ahrens & Hautzinger, 2005; Robin, Alaoui-Ismaili, Dittmar & Vernet-Maury, 1999). Der Einsatz von Düften im Marketing (z.B. in Verkaufsräumen) ist bereits gängige Praxis (Girard, Girard, Meyer, Rosenbusch & Müller-Grünow, 2013), wird jedoch auch hier nur selten von Wirkungsforschung begleitet (Degel, 2005; Esch/Rempel, 2007; Reimer, 2004; Maille, 2006). Insgesamt fehlt es aber an repräsentativen und theoretisch fundierten Studien, auch für den Büroraum. Angesichts der weiten Verbreitung von Düften im Marketing und ersten empirischen Hinweisen auf den Zusammenhang von Düften und Wohlbefinden, sollte ihr Potenzial in dem Bestreben, Ressourcen für den Büroraum zu identifizieren, nicht unterschätzt, sondern in weiteren Studien untersucht werden.
Licht und Beleuchtung
Die Licht- und Beleuchtungssituation spielt eine stärkere Rolle in Bezug auf die Zufriedenheit und Einschätzung der Attraktivität von Büroumgebungen (Veitch, Newsham, Boyce & Jones, 2008) als auf die physiologische oder psychische Gesundheit. Zwei Elemente sind für die Zufriedenheit mit der Lichtsituation besonders bedeutsam: Kontrolle und Tageslicht. Kontrolle über die individuelle Lichtsituation ermöglicht die Anpassung an individuelle Präferenzen und Bedürfnisse (Veitch, 2005). Diese Anpassung ist besonders wichtig für ältere Mitarbeitende, die einen höheren Lichtbedarf haben (Boyce, 2003). Die Möglichkeit, auf die eigene Lichtsituation Einfluss zu nehmen, beeinflusst die Beurteilung positiv (Newsham, Veitch, Arsenault & Duval, 2004). Tageslicht hat positive Wirkungen auf Zufriedenheit und Wohlbefinden von Bürobenutzern (Leather et al., 1998; Newsham et al., 2009; Veitch, Charles, Farley & Newsham, 2007). In den Experteninterviews gehören die Aspekte Akustik und Klima zu den Faktoren, die am häufigsten genannt wurden. Beleuchtung und der Zugang zum Tageslicht wurde mehrfach als Ressource genannt.
Sozial-räumliche Umgebung
Die sozial-räumliche Umgebung bezieht sich auf die Tatsache, dass Büros von mehreren Personen genutzt werden und die relativen Positionen im Raum eine soziale Bedeutung haben. Diese Phänomene werden als soziale Dichte, Privatheitsregulation (Privacy), Beengtheitserleben (Crowding), Territorialität und Unterbrechungen und Störungen beschrieben. Dabei bezeichnet die soziale Dichte einen objektiven Zustand der Anzahl Personen in einem Raum (s. Kapitel 4.2.1) während Privacy und Crowding Erlebniszustände beschreiben und sich Unterbrechungen, Störungen und Ablenkungen auf das Verhalten beziehen.
Privacy
Im Kontext des Workplace Management wird mit Privacy in der Regel die Regulation der interpersonalen Interaktion beschrieben. Mit dem Konzept wird das menschliche Bestreben beschrieben, ein optimales Niveau der Interaktion mit anderen zu erhalten. Da mit beschreibt Privacy die selektive Kontrolle über die Zugänglichkeit für andere Personen (Altman, 1975). Dazu gehört beispielsweise die Kontrolle dar- über, was Arbeitskollegen von eigenen Telefongesprächen mithören können, oder ob sie auf Arbeitsplätze oder Bildschirme von Kollegen schauen können. Ist diese Kontrolle beeinträchtigt, kommt es zu Beengtheitsstress (zu viel soziale Stimulation, Crowding, s.u.) oder zu sozialer Isolation (zu geringe soziale Stimulation). Die Funktionen der Privatheitsregulation bestehen in persönlicher Autonomie, emotionaler Loslösung von Spannungen im sozialen Umfeld, Regelung von Kommunikation und Identität (Margulis, 2003). Privacy wird übereinstimmend als zentraler Prädiktor der Bürozufriedenheit angesehen (Klitzman & Stellman, 1989; Newsham et al., 2009; Veitch et al., 2007) und scheint auch ein Prä- diktor für die Gesamtarbeitszufriedenheit zu sein (Newsham et al., 2009). Das Fehlen von Privacy hingegen führt zu Stresserleben, da sozial-räumlich bedingte Stressoren (z.B. akustische Störungen) in der Umgebung nicht ausreichend beeinflusst werden können (Leather, Zarola & Santos, 2010).
Crowding
Crowding beschreibt das subjektive negative Erleben von Beengung als Reaktion auf die Wahrnehmung einer zu grossen Anzahl Personen an einem bestimmten Ort (Schultz-Gambard & Hommel, 1987). Als Kern und kritische Determinante des Beengtheitserlebens kann der Verlust wahrgenommener persönlicher Situationskontrolle angenommen werden (Davies, 2009). Crowding lässt sich somit als Ungleichgewicht zwischen situativen Anforderungen, Handlungserfordernissen und individuellen Ressourcen ansehen (Schultz-Gambard, 1996). Als Folge des Beengtheitserlebens konnte sowohl in Labor- wie auch in Feldstudien erhöhter Blutdruck nachgewiesen werden (Evans & Cohen, 2004). Eine Strategie zum Umgang mit Beengtheitsstress ist der soziale Rückzug, z.B. während Pausen (Oldham & Rotchford, 1983). Die wenigen vorliegenden Befunde zum Zusammenhang zwischen sozialer Dichte und dem Beengtheitserleben in Büros sind inkonsistent (De Croon et al., 2005). Weitere Konsequenzen – insbesondere in Bezug auf Gesundheit – des Beengtheitserlebens in Büros sind in der Literatur nicht dokumentiert, und die Forschung hat sich in erster Linie auf die auslösenden Bedingungen für Beengtheitsstress konzentriert und nicht auf den Zusammenhang von Beengtheitserleben und Gesundheit.
Territorialität
Nach Brown, Lawrence & Robinson (2005, S. 11) wird Territorialität beschrieben als «individual’s behavioral expression of his or her feelings of ownership toward a physical or social object. It includes behaviors whose purpose is to construct, communicate, maintain, and restore territories around those objects in the organization to which one feels proprietary attachment toward.» Das Territorium ist sichtbar, relativ unbeweglich und bestimmt sich an Objekten oder Dingen, nicht an der Person selbst (Hellbrück & Fischer, 1999).
Man unterscheidet zwischen persönlichen Territorien, wie dem eigenen Arbeitsplatz mit Mobiliar und Flächen, Gruppen-Territorien, die von einer Gruppe genutzt werden, wie z.B. Druckerzonen und Registraturen, und öffentlichen Territorien, die gemeinschaftlich genutzte Flächen umfassen, wie z.B. Kaffeeküchen oder Bibliotheken (Fenker, 1996). Das Territorium ist für den Menschen von Bedeutung, weil es eine Organisationsfunktion übernimmt und dadurch Vorhersehbarkeit, Ordnung, Stabilität und Planung ermöglicht. Darüber hinaus erlaubt es dem Nutzenden, seine Rolle über das Territorium zu definieren, indem er Aktivitäten in seinem Territorium kontrollieren kann und indem zwischen Besitzer und Besucher getrennt werden kann. Das feste Territorium ermöglicht auch die Entwicklung einer Gruppenidentität und den Aufbau von festen (ortsgebundenen) sozialen Netzwerken.
Zusätzlich kann es helfen, den Status des Besitzers transparent zu machen (Hellbrück & Fischer, 1999). Die Verfügbarkeit eines primären Territoriums spielt eine wesentliche Rolle für die Erhaltung des habituellen Wohlbefindens und die Entwicklung seelischer Gesundheit (Hellbrück & Fischer, 1999). In seinem Territorium möchte der Mensch sich seinen Wunsch nach einem sicheren, geschützten und garantierten Platz verwirklichen. Aspekte wie Rü- ckendeckung und Geborgenheit müssen daher in Bürokonzepten berücksichtigt werden (Probst, 1972). Nach Kelter (2002) ist die Territorialautonomie im Einzelbüro am höchsten und im Grossraumbüro am geringsten. In Grossraumbüros kann es also förderlich sein, wenn man bei der Gestaltung das Bedürfnis nach Geborgenheit und Rückendeckung berücksichtigt.
Ein neues Büroraumkonzept kann auch dann auf die Territorialautonomie Einfluss nehmen, wenn z.B. dem Mitarbeitenden in einem non-territorialen Konzept die Möglichkeit genommen wird, den eigenen Arbeitsplatz zu personalisieren und damit sein Territorium abzustecken, oder wenn die Führungskraft aus dem Einzelbüro ausziehen muss, welches den eigenen Status symbolisiert. Dieser Verlust des Territoriums kann sich auf das Wohlbefinden auswirken. Um das Ressourcen-Belastungs-Verhältnis wiederherzustellen, sollten den Mitarbeitenden in diesem Fall andere Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Möglicherweise kann die Territorialautonomie auf Gruppenebene kompensierend für den Verlust des persönlichen Territoriums wirken. Diese Wirkzusammenhänge müssen jedoch in Forschungsprojekten zunächst empirisch belegt werden. In den Experteninterviews wurde die Bedeutung von Personalisierungsmöglichkeiten mehrfach genannt. Auch das Thema Status und Statusverluste wurde in den Interviews angesprochen.
Unterbrechungen und Störungen
Unterbrechungen und Störungen unterscheiden sich im Grad, in dem sie die Aufmerksamkeit weg von der aktuellen Tätigkeit hin zu einem Reiz in der Arbeitsumgebung lenken. Unterbrechungen lassen sich dabei im Gegensatz zu Störungen und Ablenkungen nicht ignorieren, da sie die gleichen Ressourcen bzw. Sinneskanäle beanspruchen wie die aktuell verfolgte Tätigkeit. Unterbrechungen und Störungen können über chronische Stressreaktionen zu gesundheitlichen Folgen führen (Baethge & Rigotti, 2010). Für Büros von besonderer Bedeutung sind akustische Reize, insbesondere sprachliche Reize, die mit dem verbalen Arbeitsgedächtnis interferieren (Banbury & Berry, 1998; Smith-Jackson & Klein, 2009). Dabei ist die Intensität (Lautstärke) der Reize weniger wichtig als die Eigenschaften der Geräusche im Hinblick auf die Interferenz mit kognitiven Prozessen, welche die gleiche Modalität betref fen (Meis & Klink, 2010). Für die weitere Untersuchung der Bedeutung von Unterbrechungen und Störungen ist zu berücksichtigen, dass sich diese in vielen Berufen nicht vermeiden lassen, da sie zur Arbeitstätigkeit gehören und das Gegenstück zu effizienter informeller Kommunikation darstellen. Hier stellt sich weniger die Frage nach Unterbrechungen und Störungen an sich, sondern vielmehr nach der Legitimität der Störung im Sinne des Aufgabenbezugs (Semmer, Tschan, Meier, Facchin & Jacobshagen, 2010). Für solche Berufe ergibt sich die Erfordernis, dass Büroumgebungen die Steuerung (Kontrollierbarkeit und Vorhersagbarkeit) von Unterbrechungen, Störungen und Ablenkungen zulassen, z.B. indem bestimmte Zonen im Büro der individuellen ungestörten Arbeit vorbehalten werden.
Soziale Beziehungen
Ein sehr wichtiges Konstrukt in der betrieblichen Gesundheitsförderung ist die soziale Unterstützung, deren Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden in vielen Studien belegt werden konnte (Beehr, 1995; Cohen & Wills, 1985; Kahn & Byosiere, 1992; Viswesvaran, Sanchez & Fisher, 1999). Auch Badura und Kollegen (2008) konnten zeigen, dass sich ein hohes Sozialkapital positiv auf Wohlbefinden und Gesundheit der Mitarbeitenden auswirkt. Sie unterscheiden drei Teilmengen betrieblichen Sozialkapitals: – Das Netzwerkkapital, welches die Qualität horizontaler sozialer Beziehungen unter Mitarbeitenden umfasst. – Das Führungskapital, welches sich auf die Qualität der vertikalen Beziehung zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeitenden bezieht. – Das Überzeugungs- und Wertekapital, welches beschreibt, ob gemeinsame Werte und Normen gelebt werden, wie gut mit Konflikten umgegangen wird und wie hoch der soziale Zusammenhalt ist. Betrachtet man diese Konzeptualisierung nach Badura, lassen sich Zusammenhänge mit der gebauten Büroraumumgebung vermuten. Durch bewusste Gestaltung von z.B. Offenheit, Anzahl Personen im Raum, Treffpunkten und Kommunikationsmöglichkeiten, Symbolen und Artefakten, gemeinsamen Spielregeln für die Nutzung der Fläche sowie der Platzierung der Führungskräfte (im Einzelbüro oder im offenen Raum direkt im Team) könnte die Büroumgebung Einfluss auf die sozialen Beziehungen nehmen. Ob dadurch ein Effekt auf die Gesundheit der Mitarbeitenden erzielt werden kann und welche Gestaltungsform sich als förderlich für soziale Beziehungen erweist, bleibt jedoch empirisch zu überprüfen. In den Experteninterviews wurden soziale Beziehungen mehrfach genannt. Einerseits wurde die Bedeutung von informeller Kommunikation und Förderung des Gemeinschaftsgefühls im Büroraum aufgeführt.
Andererseits wurde aber auch der Verlust von sozialen Bindungen durch mobiles Arbeiten angesprochen. Im Überblick der sozial-räumlichen Umgebungsfaktoren kristallisiert sich die übergeordnete Bedeutung des Privacy-Konzepts als Regulationskonzept heraus. Die gelungene Privatheitsregulation als selektive Kontrolle über die Zugänglichkeit für andere Personen verhindert das Erleben von Beengtheit im Büro, limitiert Unterbrechungen, Störungen und Ablenkungen und erlaubt eine positiv erlebte Pflege von sozialen Beziehungen. In den Experteninterviews wurde herausgehoben, dass die Förderung von sozialen Kontakten und Unterstützung, also der formelle und informelle Austausch mit Arbeits-/Teamkollegen und Führungskräften sowie die gegenseitige Unterstützung bei Schwierigkeiten bei der Arbeit, ein wichtiger Aspekt für die Gesundheit der Mitarbeitenden sind.
Unter dem Oberbegriff der Kontrolle wurden in den Experteninterviews die Faktoren akustische und optische Ablenkungen/Unterbrechungen/Störungen, fehlende Privatsphäre, das Gefühl, beobachtet oder kontrolliert zu werden, Enge, fehlende Rückzugsmöglichkeiten (auch für sozialen Rückzug), erzwungene Kommunikation, permanente Sichtbarkeit und Transparenz bzw. fehlende Vertraulichkeit genannt. Auch Wahlmöglichkeiten bezüglich des Arbeitsortes und Personalisierungsmöglichkeiten wurden in diesem Kontext angeführt. Ein Aspekt, der sehr häufig herausgestellt wurde, ist die Symbolik, welche der Arbeitsumgebung innewohnt.
Gemäss den Experten können die Schaffung einer Wohlfühlatmosphäre, Einsatz von hochwertigen Materialien und schnelles Reagieren auf Probleme mit dem Arbeitsumfeld oder Equipment als Wertschätzung wahrgenommen werden. Weiter wurde das Identitätsgefühl zum Unternehmen, welches sich in der Arbeitsumgebung widerspiegeln sollte, als mögliche Ressource genannt. Einige Experten nennen den Wirkfaktor Symbolik jedoch auch als Stressor, und zwar wenn Dinge umgesetzt werden, die fehlende Wertschätzung symbolisieren, wie z.B. kaltes Wasser in den WCs und der Wegfall persönlich zugeordneter Arbeitsplätze in einem Desk-Sharing-Konzept.
Workplace Management
Während Flächenmanagement die effiziente Bewirtschaftung von Büroflächen fokussiert, besteht das Tätigkeitsfeld des Workplace Management in der Unterstützung der Geschäftsprozesse, Arbeitsaktivitäten sowie strategischen und organisationalen Ziele durch entsprechende Gestaltung, Bewirtschaftung und Betrieb der Büroumwelten. Workplace Management stimmt dabei räumlich-materielle Umwelten mit Technologien sowie organisationalen Zielen und Bedürfnissen ab. Workplace Management umfasst die Konzeption, Planung und Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsumgebungen ebenso wie deren Bewirtschaftung (Unterhalt, finanzielle Steuerung, Optimierung). Im Kontext dieser Aktivitäten sind für das Wohlbefinden der Bürobenutzer nebst den oben genannten gestaltungsorientierten Einflussgrössen die Angemessenheit und die symbolische Wirkung der Arbeitsumgebung und deren Bewirtschaftung wichtig.
Angemessenheit der Arbeitsumgebung
Die Angemessenheit der Arbeitsumgebung ergibt sich aus dem Ausmass, in welchem die Arbeitsumgebung zu Arbeitsaufgaben und -prozessen, Strategie, Organisationskultur sowie individuellen und gruppenbezogenen Bedürfnissen passt (Rashid & Zimring, 2005; Vischer, 1996). Arbeitsumgebungen sind insofern immer auch Träger von symbolischen Botschaften (Elsbach & Bechky, 2007; Wells, Thelen & Ruark, 2007). Symbolische Eigenschaften der Arbeitsumgebung scheinen nach einer Untersuchung von Goins und Kollegen (Goins, Jellema & Zhang, 2010) bessere Prädiktoren der selbst eingeschätzten Arbeitsleistung zu sein als physische Eigenschaften.
Es bleibt zu untersuchen, ob sich ähnliche Befunde für die psychische Gesundheit zeigen. Hochwertig und attraktiv gestaltete Arbeitsumgebungen lassen die Mitarbeitenden Stolz erleben und drücken eine hohe Wertschätzung der Organisation gegenüber den Mitarbeitenden aus (Goins et al., 2010; Windlinger et al., 2013). In ähnlicher Weise drückt die rasche Reaktion auf Beschwerden in Bezug auf die Arbeitsumgebung Wertschätzung aus und kann somit zum Wohlbefinden beitragen (Leaman & Bordass, 2005). Den Experten zufolge ist die Angemessenheit als Wirkfaktor wichtig im Hinblick darauf, dass die Arbeitsumgebung die Arbeitstätigkeiten der Mitarbeitenden unterstützen und für die Erledigung ihrer Aufgaben geeignet sein muss. Auch der Aspekt der Symbolik wurde in den Experteninterviews genannt, insofern, dass bestimmte Elemente und Services in der Arbeitsplatzumgebung für die Mitarbeitenden eine tiefere Bedeutung haben können. Zum einen seien die Arbeitsumgebung und Services Artefakte der Unternehmenskultur und zum anderen spiegelten sie eine bestimmte Werthaltung des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitenden wider.
Services
In den Interviews wurden in Bezug auf Workplace Management v.a. Services genannt. Services umfassen Unterstützungsleistungen und -angebote in der Arbeitsumgebung, welche zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden beitragen. Dabei wurden von den Experten als Ressource Verpflegungs-/Caféecken, Hygiene (z.B. durch Einsatz antimikrobieller Materialien), gesunde Menüs (zur Verpflegung), Vergünstigungen im Fitnesscenter, Massageraum (inkl. kostenloser Massage) sowie Mutter-Kind-Raum genannt. In diesem Kapitel wurden Wirkfaktoren, die für die psychische Gesundheit relevant sind, aus Literatur und Experteninterviews abgeleitet. Um sie in das Rahmenmodell aus Kapitel 2.5 einzuordnen, müssen diese Wirkfaktoren operationalisiert und anschliessend in Praxisprojekten empirisch untersucht werden. Auf Basis der Erkenntnisse können die Wirkfaktoren dann in Ressourcen, herausfordernde und behindernde Stressoren eingeteilt werden. Es fällt auf, dass die bisherige Forschung zum Zusammen hang von Gesundheit mit der Büroraumumgebung mehrheitlich auf Stressoren oder Risikofaktoren fokussiert. Es besteht daher insbesondere Forschungsbedarf im Bereich der Ressourcen.
Übersicht von Wirkfaktoren im Büroraum, die für die psychische Gesundheit relevant sind
Gesundheitsrelevante Wirkfaktoren im Büroraum
- Materielle Umgebung –
- Räumliche Organisation und Layout –
- Ruhe- und Regenrationsräume –
- Bürogrösse –
- Qualität der Arbeitsplatzumgebung –
- Farben –
- Pflanzen und natürliche Elemente
- Innenraumumgebung –
- Akustik –
- Luftqualität und Klima –
- Düfte –
- Licht- und Beleuchtung
- Sozial-räumliche Umgebung –
- Privacy –
- Crowding –
- Territorialität –
- Unterbrechungen und Störungen –
- Soziale Beziehungen
Wirkfaktoren im Workplace Change Management mit Relevanz für die psychische Gesundheit
- Veränderungsprozess –
- Transparenz und Vorhersagbarkeit –
- Kontrolle und
- Beeinflussbarkeit –
- Fairness und Gerechtigkeit
- Veränderungsinhalt –
- Persönliche Erfolgsbilanz –
- Sinn und Dringlichkeit –
- Zielklarheit –
- Ausmass der Veränderung
- Kontext –
- Vertrauen –
- Soziale Unterstützung
- Individuelle Merkmale –
- Einstellung zur Veränderung –
- Veränderungsbezogenes Kohärenzgefühl
Glossar und Abkürzungsverzeichnis
Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst alle gemeinsamen Massnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz.
Change Management
Unter Change Management soll die Steuerung von tief greifenden, geplanten Veränderungen in Organisationen verstanden werden. Change Management bezieht sich in erster Linie auf die Menschen im Unternehmen, während der sachbezogene Aspekt durch das Projektmanagement abgedeckt wird. Dabei adressiert Change Management den Prozess einer Veränderung von der Initiierung bis zu einer abschliessenden Evaluation (Kohnke, 2005).
FM Facility Management.
Facility Management ist eine Managementdisziplin, welche die notwendigen Unterstützungs-(Sekundär-)Prozesse des Kerngeschäfts eines Unternehmens vereint. Dabei stehen Arbeitsplatzgestaltung, Werteerhalt und Kapitalrentabilität im Fokus des Facility Managers (GEFMA 100-1).
Gesundheit
Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen (World Health Organization, 2006).
Gesundheitsförderung Schweiz
Gesundheitsförderung Schweiz ist eine privatrechtliche Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird. Mit gesetzlichem Auftrag initiiert, koordiniert und evaluiert sie Massnahmen zur Förderung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten (
www.gesundheitsfoerderung.ch).
IFM Institut für Facility Management der ZHAW.
Das IFM hat als einziges Hochschulinstitut in der Schweiz einen umfassenden Leistungsauftrag im Facility Management: – Lehre auf Bachelor- und Masterstufe – Weiterbildung – Forschung und Entwicklung – Dienstleistungen Das Institut arbeitet intensiv mit der Wirtschaft und öffentlichen Institutionen zusammen. In der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung sowie in der Beratung werden neue Lösungen entwickelt und die Optimierung von Facility-Management-Prozessen unterstützt (www.ifm.zhaw.ch/de/science/ institute-zentren/ifm/ueber-uns.html).
Job demands
Job demands sind definiert als «those physical, social, or organizational aspects of the job that require sustained physical or mental effort and are therefore associated with certain physiological and psychological costs (e.g., exhaustion).» (Demerouti et al., 2001, S. 501)
Job resources
Job resources werden definiert als «those physical, psychological, social, or organizational aspects of the job that are either/or: – Functional in achieving work goals. – Reduce job demands and the associated physiological and psychological costs. – Stimulate personal growth, learning, and development.» (Bakker & Demerouti 2007, S. 312) Gesundheitsförderliche Büroräume – Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Büroraumgestaltung
Stressor (Hindrance/Challenge)
Stressoren sind Merkmale, die in einer gegebenen Population mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu Stresszuständen führen (Greif, 1991; Kahn & Byosiere, 1992; Zapf & Semmer, 2004). Es werden zwei Arten von Stressoren unterschieden: – Herausfordernde Stressoren (challenge stressors) sind arbeitsbezogene Anforderungen oder Umstände, die gleichzeitig das Potenzial für Stresserleben und für positives Wohlbefinden bergen (Cavanaugh et al., 2000) – Behindernde Stressoren (hindrance stressors) sind arbeitsbezogene Anforderungen oder Umstände, die das Potenzial haben, individuelles Wohlbefinden einzuschränken (Cavanaugh et al., 2000).
Veränderungsarchitektur und Veränderungsdesign
Mit der Veränderungsarchitektur wird festgelegt, welche Aktivitäten in einem Veränderungsprozess stattfinden. Das Veränderungsdesign beschreibt, wie diese Aktivitäten durchgeführt werden (inhaltlich, sozial, zeitlich und räumlich) (Exner & Königswieser, 1998). Veränderungsinhalt Der Veränderungsinhalt bezieht sich auf Faktoren, die Charakter und Art der implementierten Veränderungen beschreiben. Veränderungsprozess Der Veränderungsprozess umfasst alle Wirkfaktoren, die sich darauf beziehen, wie der Prozess abläuft, z.B. im Hinblick auf Partizipation und Kommunikation. Wirkfaktor Im vorliegenden Bericht sind mit Wirkfaktoren Merkmale, Eigenschaften oder Mittel gemeint, die einen Einfluss auf das Stresserleben bzw. Wohlbefinden einer Person haben.
Non-territoriales Büroraumkonzept
In non-territorialen Bürokonzepten besitzen die Mitarbeitenden keinen persönlichen Arbeitsplatz, sondern sie suchen sich jeden Tag einen neuen Arbeitsplatz (in der Regel in einer der Abteilung oder dem Team zugewiesenen Zone) in der Büroumgebung. Dies hat den Effekt, dass die Auslastung der Arbeitsplätze erhöht werden kann, da ein Arbeitsplatz, der nicht zu 100 Prozent von einer Person benutzt wird, anderen Mitarbeitenden zur Verfügung steht (Elsbach & Bechky, 2007).
Office Ecology
Dieser Begriff beschreibt Büros als ein System, in dem die räumlich-materiellen Faktoren in Wechselwirkung mit Arbeitsprozessen, Organisationskultur, Mitarbeitenden, sozialen Beziehungen sowie Informations- und Kommunikationstechnologien stehen.
Phasenmodell des Workplace Change Management
Das Phasenmodell des Workplace Change Management ist ein Prozessmodell, das auf der DIN 69901-2 «Prozesse, Prozessmodell» basiert. Es beinhaltet die Phasen Initialisierung, Analyse, Konzept, Planung, Implementierung, Bewirtschaftung, Evaluation und Optimierung.
Ressource
Ressourcen sind Mittel, die in der Arbeit eingesetzt werden können, um das Auftreten von Stressoren zu vermeiden, ihre Ausprägung zu mildern oder ihre Wirkung zu verringern (Frese, 1989; Semmer, 1990).
Stresserleben
Stresserleben ist ein übergeordneter Begriff für negative Reaktionen (Zapf & Semmer, 2004), die auf evaluative Bewertung folgen. Im konkreten Fall ist es mit spezifischen Stressemotionen und spezifischen Auslösesituationen verbunden und wird durch physiologische Prozesse (Aktivierung durch Hormonausschüttungen) charakterisiert. Stresserleben ist somit eine Befindensbeeinträchtigung. Gesundheitsförderliche Büroräume – Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Büroraumgestaltung 73 Workplace Change Management Workplace Change Management bezeichnet die Einbindung und Begleitung der Nutzenden durch alle Phasen einer Arbeitsplatzkonzeptveränderung, von der Analyse über die Planung bis zur Implementierung, Bewirtschaftung und Evaluation. Es zielt darauf ab, eine nutzer- und nutzungsorientierte sowie nachhaltige Veränderung durch Partizipation, Training, Moderation, Coaching, Kommunikation und Information sicherzustellen.
Workplace-Change-Prozess
Workplace-Change-Prozesse bezeichnen die Veränderungsprozesse, die im Rahmen einer Arbeitsplatzveränderung ablaufen und durch aktives Workplace Change Management gesteuert werden. Workplace Management Workplace Management besteht in interdisziplinär ausgeführten Aktivitäten der Planung, Bereitstellung, Bewirtschaftung, Verwaltung und Evaluation von Arbeitsplätzen. Der Hauptfokus liegt auf der bestmöglichen Unterstützung der Hauptaktivitäten einer Organisation und dem effizienten Einsatz von Ressourcen (Gebäude, Räume und Services). ZHAW Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften Wissenschaftliches Rahmenmodell für gesundheitsförderliche Büroräume und Workplace
Change Management
Auf Basis des arbeitspsychologischen Stressmodells und des «Job Demands-Resources»-Modells wurde für den vorliegenden Bericht ein prozessuales Stressmodell entwickelt. Dieses Modell dient als Grundlage für die Analyse der Wirkung von Aspekten der Arbeitsumgebung und des Workplace Change Management. Es erlaubt einerseits die Einordnung bestehender Befunde aus der Literatur. Andererseits kann anhand empirischer Untersuchungen bestimmt werden, welche Wirkfaktoren aus der Arbeitsumgebung und dem Workplace Change Management für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen wichtig sind bzw. wie stark die Faktoren wirken.
Wohlbefinden
Negatives Wohlbefinden:
kurzfristige negative Emotionen und kognitive Evaluationen (Diener et al., 1999, 2003); erhöhte Aktiviertheit, subjektive Befindensbeeinträchtigungen, insbesondere negative Emotionen (Warr, 1999), Gereiztheit (Mohr, 1986) bzw. Irritation (Mohr et al., 2005)
Positives Wohlbefinden:
kurzfristige positive Emotionen und kognitive Evaluationen (Diener et al., 1999, 2003) Psychisches Wohlbefinden: längerfristige Stimmungen (im Gegensatz zu kurzfristigen Emotionen als Stressreaktionen) positiver und negativer Art und kognitive Evaluationen (Zufriedenheit mit bestimmten Lebensbereichen) (Diener et al., 1999) Physisches Wohlbefinden: somatische Beschwerden als langfristige Folgen von Stress, v.a. jene, für die eine psychosomatische Ätiologie nachweisbar ist (Skelett- und Muskelerkrankungen, Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf- und Magen-DarmErkrankungen) (Ducki, 2000, S. 37 und die dort angegebene Literatur) Gesundheitsförderliche Büroräume – Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Büroraumgestaltung
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